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WohnLos - Wohnungslosigkeit bei psychischer Erkrankung

Risikofaktoren, Auswirkungen, Interventionen: Eine Bestandsaufnahme in Nordrhein-Westfalen

Die Studie „WohnLos“ umfasste eine klinisch-epidemiologische Bestandsaufnahme zum Problemfeld der Wohnungslosigkeit bei ambulant und stationär behandelten Patient*innen mit psychischen Störungen in NRW. Es handelte sich um ein Kooperationsprojekt der wissenschaftlichen Institute der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe (LVR und LWL; LVR-Institut für Versorgungsforschung (LVR-IVF) und LWL-Forschungsinstitut für Seelische Gesundheit (LWL-FiSG)).

Die Ziele des Projekts

Die Ziele des Projektes umfassten die Erhebung

  1. des Ausmaßes des manifesten Problems der Wohnungslosigkeit bei psychisch erkrankten Menschen, sowie
  2. der Risikoprofile bzw. der Bedrohung durch Wohnungslosigkeit und prekäre Wohnsituationen, ebenso wie die damit assoziierten klinischen und soziodemographischen Kontextfaktoren.

Aus den Ergebnissen sollten in der Folge Handlungsempfehlungen zur Prävention und/oder Überwindung von Wohnungslosigkeit und zur Verbesserung prekärer Wohnsituationen der Betroffenen abgeleitet werden.

Das Projekt war in die folgenden fünf Arbeitspakete (AP) gegliedert:

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Die Erfassung von Wohnungslosigkeit und prekären Wohnverhältnissen erfolgte basierend auf der Europäischen Typologie der Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit (ETHOS) (FEANTSA - European Foundation of National Associations Working with the Homeless).

Ergebnisse und Handlungsempfehlungen

Die Auftaktveranstaltung des Projektes (AP1) fand am 21. November 2019 im LWL-Universitätsklinikum Bochum als Fachtagung mit dem Titel „Wohnungslosigkeit bei psychischer Erkrankung“ statt.

In den Routinedaten zeigte sich eine Prävalenz der Wohnungs-/Obdachlosigkeit von durchschnittlich 2,4% unter den stationären Patient*innen der psychiatrischen Verbundkliniken von LVR und LWL (AP2). Dieser Anteil nahm über den Beobachtungszeitraum von 2016 bis 2019 leicht zu (im Jahr 2019 2,54%) und er variierte erheblich zwischen den einzelnen Kliniken (Range zwischen 0,3% und 6,2%; höhere Quoten in Großstädten, insbesondere im Rheinland). Wohnungs- und obdachlose Patient*innen litten häufiger an Schizophrenien und Abhängigkeitserkrankungen. Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Problematik der Wohnungslosigkeit in den Routinedaten eher unterschätzt sein dürfte, weil die Wohnsituation nicht immer standardisiert und damit auswertbar dokumentiert wird (Haussleiter et al 2022).

Bei den gezielten Stichtagserhebungen im stationären Bereich der Verbundkliniken des LVR und LWL (AP4) zeigte sich eine durchschnittlich 2- bis 3-fach höhere Prävalenz der Wohnungs-/Obdachlosigkeit. Diese Befunde bestätigen die Vermutung, dass die Problematik der Wohnungslosigkeit in den Routinedaten unterschätzt wird. Hinzu kam ein etwa gleich großer Anteil von Patient*innen, die in prekären Wohnverhältnissen lebten. Auch hier zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Kliniken, wobei - in Übereinstimmung mit den Ergebnissen aus dem AP2 - die Prävalenzen in städtischen Gebieten und im Rheinland höher waren.

Im AP5a konnten die vermuteten Hindernisse und Verzögerungen bei der Entlassung aus der stationären Behandlung durch die nicht-gesicherte Wohnsituation aufgezeigt werden. Schließlich konnte im AP5b gezeigt werden, dass etwa ein Fünftel der Bewohner*innen von stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe vor ihrem Einzug in die Einrichtung in nicht-gesicherten Wohnverhältnissen gelebt hatten (Überberg et al, zur Publikation angenommen).

Auf Basis der Ergebnisse der WohnLos-Studie wurden fünf Handlungsempfehlungen formuliert. Diese umfassen die Vernetzung primär- und sekundärpräventiver Ansätze zur Vermeidung und Überwindung von Wohnungslosigkeit, die Förderung und Implementierung evidenzbasierter, innovativer Versorgungsansätze sowie in diesem Zuge die Berücksichtigung von Geschlechter- und Kultursensibilität, das Schaffen geeigneter Wohnprojekte sowie stationärer und ambulanter Angebote für schwer psychisch erkrankte Wohnungslose, ebenso wie die Intensivierung der Bemühungen in der Versorgungsforschung zum Themenfeld Wohnungslosigkeit bei schwerer psychischer Erkrankung.

Bisher sind zwei Publikationen zum Projekt WohnLos erschienen oder zur Veröffentlichung angenommen:

Haussleiter, I.S., Lehmann, I., Ueberberg, B. et al. Homelessness among psychiatric inpatients in North Rhine-Westphalia: a retrospective routine data analysis. BMC Psychiatry 2022; 22: 132. https://doi.org/10.1186/s12888-022-03786-6 . URL: Homelessness among psychiatric inpatients in North Rhine-Westphalia: a retrospective routine data analysis | BMC Psychiatry | Full Text (biomedcentral.com)

Ueberberg, B., Heinz, J., Haussleiter I.S., Lehmann, I., Zielasek, J., Gouzoulis-Mayfrank, E., Juckel, G. Homeless and mentally ill: An analyses from the perspective of the residential care facilities, Journal of Psychosocial Rehabilitation and Mental Health, zur Publikation angenommen.

Weitere Publikationen befinden sich in Vorbereitung.

Logo des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

Das Projekt hatte eine Laufzeit vom 01.10.2019 bis zum 30.09.2021 und wurde gefördert vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS).

Kontakt

LVR-Institut für Versorgungsforschung
c/o LVR-Klinik Köln
Wilhelm-Griesinger-Straße 23
51109 Köln
IVF@lvr.de

LVR-Institut für Forschung und Bildung (IFuB) / Sparte Bildung
Kölner Str. 82 / 30
40764 Langenfeld
astrid.hessel@lvr.de