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Maßregelvollzug

Wissenschaftliche Projektleitung

Prof. Dr. med. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank

Mitarbeitende

Prof. Dr. med. Jürgen Zielasek (Wissenschaftlicher Koordinator)
Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Jan Querengässer (Wissenschaftlicher Mitarbeiter)

Patient*innen mit Intelligenzminderung im Maßregelvollzug

Psychisch kranke Straftäter*innen können in einem psychiatrischen Krankenhaus des Maßregelvollzugs gem. § 63 StGB untergebracht und behandelt werden, wenn sie zum Zeitpunkt des Begehens der Straftat nicht oder vermindert schuldfähig waren und die Gefahr erheblicher weiterer Straftaten besteht. Die Verweildauern im Maßregelvollzug betragen in der Regel mehrere Jahre. Besonders lang fallen die Verweildauern bei Patient*innen aus, die die Diagnose einer Intelligenzminderung (ICD-10-Code: F7x) aufweisen. Daraus ergibt sich ein Interesse an spezifischen Behandlungskonzepten für diese Patient*nnengruppe einerseits und an konkreten Entlasshindernissen andererseits. Dieses Interesse liegt dem vorliegenden Forschungsprojekt zugrunde, das in vier Unterprojekte untergliedert ist.

1) Im Jahr 2021 wurden zunächst die Stationskonzepte der Maßregelvollzugskliniken des LVR-Klinikverbunds hinsichtlich allgemeiner und störungsspezifischer Behandlungselemente für Patient*innen mit Intelligenzminderung qualitativ analysiert.

2) Zudem wurden Routinedatenanalysen zur Belegung, zur Versorgungssituation und zu diversen Populationsmerkmalen der Patient*innengruppe durchgeführt. Die aktuellste Routinedatenanalyse datiert auf den Juni 2022.

3) Beginnend in 2021 wurde eine umfangreiche Literaturrecherche vorgenommen. Deutsche wie englischsprachige Publikationen zur Behandlung und Versorgung von Patient*innen mit einer Intelligenzminderung wurden gesucht, gesichtet und hinsichtlich ihrer inhaltlichen Relevanz für die besondere Versorgungssituation im dt. Maßregelvollzug beurteilt. Es erfolgte eine inhaltlich-qualitative und eine quantitative Auswertung der Ergebnisse, auf deren Grundlage Behandlungsgrundsätze und -empfehlungen abgeleitet und eine wissenschaftliche Fachpublikation verfasst wurden. Deren Einreichung erfolgte im Herbst 2022.

4) Im Sommer 2022 wurde eine Interviewstudie durchgeführt, in der zehn Behandelnde aus forensischen Kliniken des LVR zu ihren Erfahrungen in der Behandlung dieser Patient*innengruppe, zu Einstellungen hinsichtlich der Besonderheiten, der Bedürfnisse und spezifischer Behandlungsprobleme sowie zu Veränderungsvorschlägen befragt wurden. Die Interviews wurden qualitativ-inhaltsanalytisch ausgewertet und zunächst als interner Projektbericht zusammengefasst. Im nächsten Schritt ist auch hierfür die Erstellung einer Fachpublikation geplant.

Ausgehend von den Ergebnissen der vier Teilprojekte sollen Handlungsempfehlungen für eine Optimierung der Versorgung erarbeitet und ein Wissenstransfer in die Behandlungspraxis angestoßen werden.

Systemische und strukturelle Integrations- und Entlasshemmnisse nach forensisch-psychiatrischen Unterbringungen gemäß Strafgesetzbuch

Akronym: SysIEfUS

Träger/Förderer

LVR-Dezernat 8: Klinikverbund und Verbund Heilpädagogischer Hilfen, Fachbereich Maßregelvollzug

Projektlaufzeit

2024 bis 2027

Projektmitarbeitende

Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Jan Querengässer (Operative Projektleitung)
Irina Verhülsdonk (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)
Peggy Walde (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)

Weitere Beteiligte

Prof. Dr. med. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank (Fachliche Direktorin Forschung)
Dr. Ana Staninska (Data Scientist)

Hintergrund

Der Landschaftsverband Rheinland hat in seinen LVR-Kliniken Bedburg-Hau, Düren, Düsseldorf, Essen, Köln, Langenfeld und Viersen forensische Fachabteilungen. Dort werden Patient*innen, behandelt, die gemäß § 63 StGB oder § 64 StGB von einem Strafgericht untergebracht werden. Beide Paragraphen regeln die Unterbringung von Personen, die straffällig geworden sind und bei denen aufgrund ihrer psychischen Erkrankung eine Gefahr für weitere rechtswidrige Taten besteht. Gemäß § 63 StGB wird die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, wenn die Person schuldunfähig oder nur vermindert schuldfähig ist und eine psychische Erkrankung ursächlich für die Straftat war. Gemäß § 64 StGB wird die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, wenn eine Substanzkonsumstörung bei den Patient*innen vorliegt und diese ursächlich für die Straftat war.

Die Unterbringung in einer forensischen Klinik verfolgt dabei zwei Hauptziele. Zum einen soll die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten ausgehend von den Patient*innen geschützt werden. Zum anderen verfolgt die Unterbringung das Ziel die psychischen Erkrankungen der Patient*innen zu heilen, oder eine bestmögliche Verbesserung zu erreichen, um erneute Straffälligkeit zu vermeiden und eine Reintegration in die Gesellschaft zu ermöglichen.

Ein wichtiger Bestandteil des Prozesses der Reintegration ist die Schaffung eines geeigneten Lebensraums nach Entlassung. Ein Großteil der Patient*innen ist auch nach der Entlassung aus dem Maßregelvollzug auf Unterstützung in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Wohnen und Arbeit angewiesen. Aus diesem Grund arbeiten Behandler*innen und im fortgeschrittenen Behandlungsverlauf forensische Fachambulanzen eng mit verschiedenen Nachsorgeinstitutionen zusammen, die sich als Entlassraum für forensische Patient*innen eignen. Dazu zählen etwa sozialpsychiatrische Dienste oder die Anbieter bzw. Träger von ambulant-psychiatrischen oder psychotherapeutischen Versorgungsangeboten, von Wohnheimen oder betreuten Wohnformen, von Werkstätten für Menschen mit Behinderung und von anderen arbeitsbezogenen Rehabilitationsmaßnahmen.

Ergebnisse diverser Studien weisen darauf hin, dass Behandler*innen und Mitarbeiter*innen der forensischen Fachambulanzen bei der Schaffung eines geeigneten Entlassraumes auf verschiedene Hürden und Hemmnisse treffen. Anekdotisch werden von Vorbehalten oder Berührungspunkten seitens nachsorgender Einrichtungen, zum Beispiel gegenüber bestimmten Straftaten oder Diagnosegruppen, berichtet. Zudem scheint das Angebot an geeigneten nachsorgenden Einrichtungen nicht auszureichen, sodass Patient*innen oftmals auf freie Plätze warten. Trotz der zentralen Bedeutung einer geeigneten Nachsorge für eine erfolgreiche Reintegration der Patient*innen aus dem Maßregelvollzug, sind keine Studien bekannt, die die Hemmnisse bei der Reintegration und im Entlassmanagement sowie deren Einfluss auf die Verweildauern im Maßregelvollzug strukturiert untersuchen.

Studiendesign und Zielpopulation

In einem Mixed-Methods Ansatz sollen systemische und strukturelle Integrations- und Entlasshemmnisse bei Patient*innen die gemäß § 63 StGB in einer forensischen Klinik untergebracht sind, ermittelt werden. Dazu sollen Behandler*innen in forensischen Kliniken des Landschaftsverbandes Rheinland bezüglich Hemmnissen im Rahmen des Entlassmanagements befragt werden. Zudem soll eine Befragung von Patient*innen, die bereits entlassen wurden, oder sich noch in der Entlassvorbereitung befinden und problematische oder verlängerte Entlassverläufe vorweisen, durchgeführt werden. Außerdem sollen Mitarbeiter*innen in Nachsorgeinstitutionen bezüglich ihrer Erfahrung und möglicher Vorbehalte bezüglich der Zusammenarbeit mit forensischen Fachambulanzen und der Versorgung forensischer Patient*innen interviewt werden. Auf Grundlage der Ergebnisse sollen im letzten Schritt konkrete Handlungsempfehlungen für forensische Kliniken, den Klinikträger, nachsorgende Institutionen und gegebenenfalls politische Akteure abgeleitet werden.

Aktueller Stand des Projekts

Das Projekt wurde im Frühjahr 2024 begonnen. Nach Abschluss der administrativen und organisatorischen Vorarbeiten ist der operative Projektstart im dritten Quartal 2024 geplant.

Kontakt

LVR-Institut für Versorgungsforschung
c/o LVR-Klinik Köln
Wilhelm-Griesinger-Straße 23
51109 Köln
IVF@lvr.de

LVR-Institut für Forschung und Bildung (IFuB) / Sparte Bildung
Kölner Str. 82 / 30
40764 Langenfeld
astrid.hessel@lvr.de